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BLAS-METALL-DOSEN-HARFE VOR SCHATTENTHEATER
Klangwerkstatt-Musiktage in der Mannheimer Kunsthalle
erweitert Mauricio Kagels „Instrumentales Theater"
Ingo Wackenhut, Die Rheinpfalz / Nr. 275 - 11. November 1999
„Musikalisches Theater" lautet das Motto der Mannheimer Klangwerkstatt-Musiktage, die am Sonntag und Montag zum achten Mal, diesmal in der Kunsthalle, stattfinden. Das visuelle Element ist stets ein zentraler Aspekt der Klangwerkstatt - Konzerte gewesen. Das kann nicht weiter verwundern, wenn man weiß, dass der Komponist und Klangwerkstatt-Chef Hans- Karsten Raecke mit seinen selbsterfundenen Instrumenten oder dem klangerweiterten Flügel immer auch dem Auge einiges zu bieten hat. Konsequent beschäftigen sich die Musiktage in diesem Jahr mit den verschiedenen Ausprägungen musikalisch-theatralischer „Kleinformen", wobei es vor allem um eine Erweiterung von Mauricio Kagels Begriff des „Instrumentalen Theaters" geht. Der bedeutet, dass auch die visuellen Parameter einer musikalischen Aufführung eine große Rolle für deren Wirkung spielen. Kagel entwickelte daraus die „totale Komposition aller Materialien", wodurch ein ganz unerwarteter Spaßfaktor in die Neue Musik hineingetragen wurde. Zentral für Hans-Karsten Raecke ist dabei, dass „die Musiker, die bei so etwas mitwirken, bereit sind, sich auf etwas einzulassen, das ihren Gestaltungshorizont erweitert". So wurde diesmal die „Probebühne- Klangwerkstatt" in das Abendprogramm integriert - am Montag um 20 Uhr mit dem No-Frame Ensemble und der Aktion „Feed the spiral back". Außerdem gibt es am Montag eine Uraufführung von Hermann Kellers „Leichtes Metall für zwei High-Hats", Siegfried Wekenmanns „Ökonomie und Geist für 17 gesammelte und bewegte Holz- und Metallinstrumente", „Grenzüberschreitungen" von Michael Valentin für Sopran, Tasteninstrument - und Live-Elektronik sowie ein Stück des Motto-Inspirators Mauricio Kagel: der Tango Alleman". Das Konzert am Sonntag, 20 Uhr, bringt drei Uraufführungen des Festival-Chefs. In „Blau" werden Dia-Vision und Schattentheater musikalisch von der Blas-Metall-Dosenharfe und Live-Eletronik kontrastiert. „RückKopplungen – pneumatisch / anthropologisch“, für sieben sprechende, singende, spielende und werktätige Darsteller" ist ein Klangspektakel, das auf Textzitaten aus Diplomarbeiten von Raeckes früheren Musiktherapie-Studenten - von Schopenhauer bis zum Nachrichtenmagazin „Spiegel" - basiert, wobei es zu „unbestimmten Überkreuzungen und Überraschungen" kommt. Außerdem gibt es Kunstfinale" zu hören, ein (nonverbales) musikalisches Theater in 14 Akten nach der Idee des Künstlers Manfred Forschner. Gezeigt wird in einer knappen Stunde das Spannungsverhältnis zwischen den Mächtigen der Gesellschaft und einem Künstlerindividuum, "eine brisante, aber äußerst witzige Angelegenheit", meint Raecke, der dazu mit Keyboard und Computer eine Tonbandmontage aus Zitaten vom Volkslied über Wagner bis zum Hiphop gefertigt hat, zu der die elf Schauspieler der fag-fact-company aus Bad Sachsa pantomimisch agieren.
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