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Klangbilder wecken Gefühle und erzählen Geschichten
NECKARSTADT: Der international bekannte Künstler Hans-Karsten Raecke stellt seine kuriosen Instrumente im Kunstladen vor
Sylvia Osthues, Mannheimer Morgen / Nr. 56 - Mittwoch, 9. März 2005
Kosmische Klänge im Kunstladen an der Mittelstraße: „Klangwelten im 21. Jahrhundert von und mit Hans-Karsten Raecke" war Teil der Ausstellung „Zwischentöne" mit Arbeiten von Brit Hinz und einer Installation Licht-Klang-Räume von Jürgen Rebmann, Lars Wibranski, Andreas Gonell. Seit Gründung versteht sich der Verein Kunstladen, der durch Urban II, das Kulturamt Mannheim und die Freudenbergstiftung unterstützt wird, als Themenentwickler für interdisziplinäre Veranstaltungen und Ausstellungen.
„Wir wollen Künstler zusammenbringen", sagt Vorstandsmitglied Andreas Gonell. Mit Hans-Karsten Raecke, dem Gründer der Klangwerkstätten Berlin und Mannheim, konnte der Verein einen international renommierten Künstler gewinnen. Raecke, der sich nicht als Instrumentenbauer, sondern als Komponist versteht, der sich für seine jeweiligen Kompositionen sein Klangmaterial selbst schafft, weckte mit seinen Kompositionen Emotionen und erzählte Geschichten.
Bei seiner Klangkomposition „Solar" nahm er das Publikum mit auf eine kosmische Reise durch das Planetensystem. Dröhnende Urgewalten wechselten ab mit leisen Spärenklangharmonien, hervorgezaubert, gezupft, gestrichen, geschlagen und geblasen auf seiner Blas-Metall-Dosen-Harfe. Das Instrument besteht aus einem Mundstück und mehreren Interpretationsebenen, hat Saiten wie eine Harfe und eine Schlappsaite in der Mitte. Die Naturklänge dieses Instruments, aber auch die Live-Elektronik, verursachen einen unendlichen Klangreichtum.
Unter den rund 100 Instrumenten, die Hans-Karsten Raecke mittlerweile gebaut hat, zählt der kuriose Pfeifentopf sicher mit zu den interessantesten. Das Schallstück (Pfeifenkopf), als Schnecke mit Grifflöchern konstruiert, ermöglicht eine spezifische Klanglichkeit und Resonanz, die Griff-Zug-Technik des Teleskopzugs mit Zwischenstück für Lochabgriff sorgt für großen Tonumfang. Bei seinem „RaucherBlues", der an Höhlenlandschaft, Feuer, Waldlandschaft, Eiskristalle, Meeresgrund und Wolkenlandschaft erinnerte, verknüpfte der Künstler das Pfeifenrauchen „als Spaß und kultische Handlung" mit instrumentalem Blasen und Zupfen an den Spinnenbeinen auf dem Pfeifentopf. Raeckes „Ventil-Zug-Metalluphon" ist eine Kombination aus drei verschiedenen Instrumenten mit Altsaxofonmundstück, Ventil und dem Zug aus einer Posaune. „Das Mecklenburger Pferd-Kaltblüter" ist eine faszinierende Mischung aus strenger Komposition und Improvisation mit gleichförmiger Begleitung am klangerweiterten Flügel. Fremd und geheimnisvoll verzauberten die orientalischen Klänge seines „Kalamos" für Bambusschalmei, die er bereits 1975 am elektronischen Studio in Warschau gebaut hat. Sein Zug-Metalluphon aus Taschenlampe, Metall- und Abflussrohren aus Gummi, wie sie in der ehemaligen DDR gebräuchlich waren, und einem Bassklarinetten-Mundstück ist im Grunde ein Staubsauger. Durch Ein- und Aussaugen zauberte der Musiker atemberaubende Klangbilder mit wunderschönen tiefen Tönen.
Krönender Abschluss des Konzerts war die „Wassermusik" auf Gummiphon mit und ohne Wasser. Seinem Instrument, das aus drei verschiedenen ineinander gesteckten Abflussrohren und einem Baritonsaxophonmundstück besteht, entlockte Raecke Blubberblasen, herrlich gurgelnde Geräusche und wahrhaft erstaunliche Töne.
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